Deutsche Einführung

Einführung

Das European Research Council hat einen Advanced Grant an Prof. Dr. Eberhard Widmann, den Direktor des Stefan-Meyer-Instituts für subatomare Physik der österreichischen Akademie der Wissenschaften (Wien, Österreich), vergeben. Diese Förderung wird seiner Gruppe die Untersuchung der Hyperfeinstruktur von Antiwasserstoff, dem einfachsten Atom aus Antimaterie, und damit die Suche nach der Verletzung der Ladungs-Paritäts-Zeit (CPT) Symmetrie in der Natur ermöglichen.

Symmetrien sind ein grundlegendes Konzept der Physik. Sie beschreiben eine beobachtete (gemessene) Eigenschaft eines physikalischen Systems, das invariant (d.h. symmetrisch) bezüglich gewisser Transformationen ist. Mit anderen Worten: gewisse Eigenschaften eines physikalischen Systems sollten sich nicht ändern, nur weil wir es anders beobachten. Manche dieser Transformationen sind kontinuierlich (z.B. Verschiebung oder Drehung), andere wiederum diskret (z.B. Spiegelung). Drei diskrete Symmetrien sind grundlegend in der heutigen Physik:

  • C (Ladung): jedes Teilchen wird durch sein Antiteilchen (mit umgekehrter Ladung) ersetzt
  • P (Parität): alle drei Raumkoordinaten werden umgedreht (gespiegelt)
  • T (Zeit): die Richtung der Zeitachse wird umgedreht

Lange Zeit wurde vermutet, dass diese drei Symmetrien immer gültig sind. Später wurde jedoch entdeckt, dass die P-Symmetrie verletzt werden kann. Danach glaubte man, dass zumindest die kombinierte CP-Symmetrie immer gültig ist. Es stellte sich heraus, dass sogar diese CP-Symmetrie manchmal verletzt werden kann (diese Entdeckung wurde mit einem Nobelpreis ausgezeichnet). Derzeit wird angenommen, dass die kombinierte CPT-Symmetrie immer gültig ist. Diese Annahme ist tief in den heutigen physikalischen Theorien verwurzelt, beispielsweise in dem so genannten Standardmodell der Teilchenphysik. Das ist eine sehr ausgefeilte Theorie der Elementarteilchen, die das Universum bilden und zusammenhalten. Es ist aber bekannt, dass dieses Modell noch unvollständig ist. Es existieren einige Erweiterungen des Standardmodells in denen sogar die CPT-Symmetrie verletzt sein könnte. Momentan gibt es dafür keinen experimentellen Hinweis, aber aufgrund des elementaren Charakters der CPT-Symmetrie ist es sehr wichtig, nach einer derartigen Verletzung zu suchen.

Ein wichtiges Instrument bei dieser Suche ist Antimaterie. Antimaterie kann man sich als Spiegelbild normaler Materie vorstellen. Jede Art von Teilchen hat ein Antiteilchen als Gegenstück: Proton-Antiproton, Neutron-Antineutron, Elektron-Positron, usw. Gemäß CPT-Symmetrie sollten die physikalischen Eigenschaften (Masse, Ladung, magnetisches Moment, etc.) eines Antiteilchens exakt gleich (z.B. Masse) oder entgegengesetzt (z.B. Ladung) jener des Teilchens sein. Übrigens: jedesmal wenn ein Materieteilchen aus Energie erzeugt wird (nach der berühmten Formel Einsteins: E = mc2), wird gleichzeitig ein Antiteilchen produziert. Wenn das auch während des Urknalls (als das Universum aus Energie entstand) so war, dann sollte, neben der gesamten Materie, die uns umgibt, ebensoviel Antimaterie im Universum vorhanden sein. Allerdings besteht das Universum nach bisherigen Beobachtungen ausschließlich aus Materie. Warum gibt es keine Antimaterie im Universum? Ist die CPT-Symmetrie eventuell verletzt?

Um nach einer Verletzung der CPT-Symmetrie zu suchen, misst die ASACUSA-Kollaboration am Antiproton Decelerator des CERN (Genf, Schweiz) die Eigenschaften von Antimaterie. Als führendes Mitglied dieser Kollaboration erforscht das Stefan-Meyer-Institut aus Wien Antiwasserstoff, dieser ist aus einem Antiproton und einem Positron zusammengesetzt. Das ist das Antimaterie-Gegenstück des einfachsten Materie-Atoms Wasserstoff. Der am tiefsten liegende (Grund)Zustand von Wasserstoff ist kein Einzelzustand, sondern in zwei Unterzustände aufgespalten. Die Energiedifferenz zwischen beiden ist sehr klein, äquivalent zu einer Frequenz von 1,42 GHz bzw. eine Wellenlänge von 0,21 m (das ist die berühmte 21 cm Wasserstofflinie, die Radioastronomen oft zur Beobachtung des Universums nützen). Diese Übergangsfrequenz wurde für Wasserstoff auf eine extrem hohe Genauigkeit von 10-12 (1 Billionstel) gemessen. Unser Ziel ist es, dies zum ersten Mal überhaupt für Antiwasserstoff – mit einer Genauigkeit von besser als 10-6 – und damit die Gültigkeit der CPT-Symmetrie mit ähnlicher Genauigkeit zu messen.

Antiwasserstoffatome wurden von der ASACUSA-Kollaboration bereits in einer elektromagnetischen Falle hergestellt. Der nächste Schritt wird es sein, diese aus der Falle zu extrahieren und sie im Flug mittels Mikrowellenspektroskopie zu untersuchen. Ein Aufbau zur Durchführung der Spektroskopie wurde bereits hergestellt, dieser besteht aus einem Mikrowellenresonator, um den 1,42 GHz-Übergang herbeizuführen, einem supraleitenden Sextupolmagneten, um zu testen, ob der Übergang stattgefunden hat und einem Antiwasserstoff-Detektor. Das ist dieselbe Technik, die vor 50 Jahren für Wasserstoff verwendet wurde – die Geschichte wiederholt sich. Die Messungen werden bald beginnen und wir sind gespannt, erste Ergebnisse für Antiwasserstoff zu bekommen.

C, CP, und CPT Symmetrie erklärt.

Das Universum ist voller Galaxien aus Materie, aber anscheinend gibt es keine Galaxien, die aus Antimaterie bestehen. Warum ist das so? (Bildquelle: NASA)

Die linke Seite zeigt die Energieniveaus von Wasserstoff mit der Hyperfeinstruktur (HFS) des Grundzustandes. Ist es bei Antiwasserstoff dasselbe? Das will eine Gruppe von Wissenschaftlern, unter der Führung des Stefan-Meyer-Instituts aus Wien, herausfinden.

Computersimulation der Strahlführung für die Spektroskopie, mit den Bahnen der Antiwasserstoffatome (rote Linien). Von links kommend fliegen sie durch den Mikrowellen-Resonator, werden vom Sextupolmagnet abgelenkt und treffen schließlich auf den Antiwasserstoffdetektor.